Checkliste für barrierefreies Wohnen

Eigenständig und selbstbestimmt wohnen

Karin Diekmann, Barrierefrei Leben e.V.

Um ein eigenständiges selbstbestimmtes Leben mit Querschnittlähmung zu führen, muss das häusliche Umfeld auf die veränderten Bedürfnisse angepasst werden. Das kann viele auch bauliche Veränderungen oder gar einen Wohnungswechsel notwendig machen. Um sich in den eigenen Räumen wohlzufühlen, steht der praktische Nutzen an erster Stelle.

Wege zu einem barrierefreien Wohnumfeld

Allgemeine Anforderungen an rollstuhlgerechten Wohnraum 
  • stufen- und schwellenlose Erreichbarkeit von Haus und Wohnung sowie Gemeinschaftsräumen und PKW-Stellplatz
  • Türen und Durchgänge sollten ausreichend breit sein. Eine lichte Breite von 85 bis 90 Zentimeter wird empfohlen. Um die Türen noch gut öffnen und schließen zu können, sollten sie nicht breiter als 90 Zentimeter sein
  • Räume sowie Balkon oder Terrasse müssen mit dem Rollstuhl befahrbar sein und vorgeschriebene Bewegungsflächen aufweisen.
  • Das Bad sollte mit einem rollstuhlbefahrbaren Duschplatz, einem unterfahrbaren Waschbecken und den Bedürfnissen angepassten Haltegriffen ausgestattet sein
  • In der gesamten Wohnung sollte genügend Fläche zum Wenden vorhanden sein
  • Sämtliche Bedienungselemente wie Lichtschalter, Steckdosen, Fenstergriffe, Heizkörpergriff etc. sollten gut erreichbar sein
  • Ein ausreichend breiter, möglichst überdachter PKW-Stellplatz nahe am Hauseingang
Behinderungsbedingter Umbau von Mietwohnungen

Will man die eigene Mietwohnung behinderungsbedingt umbauen, ist das schriftliche Einverständnis des Vermieters zum Umbau einzuholen. Achten Sie darauf, dass möglichst keine Rückbauforderungen (Wiederherstellung des alten Wohnungszustandes) vereinbart werden. Liegt dies vor, sollte man sich umfassend über Umbaumöglichkeiten und eine mögliche Finanzierung/Bezuschussung informieren. Ob eine Baugenehmigung beantragt werden muss, ist ebenfalls vorab zu klären. Es sollten mindestens zwei Kostenvoranschläge von Handwerkern mit Erfahrung im barrierefreien Umbau eingeholt werden und die Antragstellung auf Zuschüsse bei möglichen Kostenträgern erfolgen.

Wichtig: Beginn aller Baumaßnahmen erst nach schriftlicher Bewilligung von beantragten Geldern/Zuschüssen! – Gilt für alle Kostenträger.

Hinweis zum Mietrecht

In der Regel muss der Vermieter z.B. dem Einbau eines Treppenlifters, breiterer Türen oder behindertengerechter Sanitäreinrichtungen zustimmen, wenn der Bauzustand des Hauses oder die Interessen anderer Mieter dem nicht entgegenstehen. Die Kosten für den Umbau und für den unter Umständen erforderlichen Rückbau trägt allerdings der Mieter.

Wie gehe ich bei der Suche nach einer barrierefreien Wohnung vor

Mit öffentlichen Geldern geförderte Wohnungen werden überwiegend über kommunale Stellen, in einigen Bundesländern auch direkt über die Wohnungsbaugesellschaften, vergeben. Unterstützung leisten auch Beratungsstellen, z.B. in den Gesundheitsämtern oder bei Wohlfahrtsverbänden. Für den Erhalt einer solchen Wohnung ist oft eine Wohnberechtigungsbescheinigung und/oder ein Dringlichkeitsschein (Anerkennung als vordringlich Wohnungssuchender) erforderlich.

Wenn kein Anspruch auf einen Dringlichkeitsschein besteht

  • Anzeigen über Zeitungen oder im Internet
  • bei privaten und gemeinnützigen Vermietern und Wohnungsgesellschaften nachfragen
Worauf muss ich bei der Wohnungsbesichtigung achten?
  • Ist das Wohnhaus/die Wohnung barrierefrei zu erreichen?
  • Kann ich mir die Wohnung leisten?
  • Ist die Wohnung groß genug und die Aufteilung der Zimmer passend?
  • Entspricht die Wohnung den Anforderungen der Behinderung oder müssen noch Umbauten/Anpassungen vorgenommen werden (z. B. automatische Türöffner, Gegensprechanlage)?
  • Sind insbesondere Eingangsbereich, Bad und Küche barrierefrei gestaltet oder an die notwendigen Bedarfe anpassbar?
  • Kann jede Ecke in allen Räumen erreicht werden?
  • Gibt es Abstellmöglichkeiten für den Rollstuhl und andere Hilfsmittel? Ist dort ein Stromanschluss?
  • Sind die Fenster, Türen (auch Außentüren), Schalter und Bedienungsanlagen erreichbar und bedienbar?
  • Ist ein vorhandener Balkon erreichbar?
  • Kann ich aus den Fenstern schauen?
  • Ist der Bodenbelag rollstuhlgeeignet?
  • Lässt sich die Wohnung langfristig bewohnen – auch bei zunehmender Einschränkung durch die Behinderung?
  • Steht ein Hauswart zur Verfügung, der bei Problemen ansprechbar ist?
  • Wie ist das Wohnumfeld?
  • Wie sind die Kontaktmöglichkeiten zu den Nachbarn?
  • Welche Einkaufsmöglichkeiten gibt es in der näheren Umgebung?
  • Komme ich an die Mülltonnen?
  • Sind öffentliche Verkehrsmittel gut zu erreichen bzw. sind Behindertenparkplätze vorhanden? Ein Behindertenparkplatz kann bei der Stadt beantragt werden.
Worauf muss ich bei dem Kauf einer Wohnung achten?
  • Ist die Finanzierung gesichert? Eigenkapital, Kredit der Bank, Bausparverträge, Versicherungen, Zuschüsse aus Wohnungsförderprogrammen (Landesprogramme, sind in den Bundesländern unterschiedlich)?
  • Bei Eigentumswohnungen ist insbesondere zu beachten, dass die anderen Eigentümer aufgeschlossen sind und evtl. erforderlichen Umbauten (z. B. Rampe, Fahrstuhl) zustimmen.
  • Sind die Bedingungen aus der Checkliste ›Wohnungsbesichtigung‹ erfüllt?
Wie gehe ich vor, wenn ich selbst bauen will?
  • Finanzierung und Beratung wie oben
  • Beauftragung eines Architekten mit Erfahrung im barrierefreien Bauen (nach Referenzobjekten fragen!)
  • Ist das Grundstück geeignet? (Grundstücksanforderungen überprüfen, Lage, Verkehrsanbindung, Umfeld…)

Möglichkeiten der Finanzierung behindertengerechter Wohnungen

Der Verein Barrierefreies Leben e. V. mit Sitz in Hamburg beschreibt in einer Übersicht mögliche Kostenträger für die Finanzierung nötiger Umbauten.

Gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaften/Unfallkassen)

Für Menschen, deren Behinderung auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist, ist die gesetzliche Unfallversicherung in Form der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen zuständig. Sie tragen die Kosten für einen Umbau einer vorhandenen Wohnung oder eines vorhandenen Hauses, wenn dies notwendig und möglich ist. Die Leistungen der Berufsgenossenschaften/Unfallkassen werden unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Versicherten gewährt.

Bundesversorgungsgesetz (Versorgungsamt, Fürsorgestelle usw.)

Unkomplizierter ist die Wohnungshilfe für Kriegsopfer und andere Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz haben (z. B. Soldaten, Opfer von Gewaltverbrechen). Die Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung und die Anspruchsberechtigten nach dem Bundesversorgungsgesetz erhalten die notwendige Hilfe umfassend und auf den Einzelfall abgestimmt. Eine Aufstockung der Mittel von anderer Seite ist in der Regel nicht notwendig.

Wohnungsumbau mit Zuschuss der Pflegekasse

Schwerbehinderte und pflegebedürftige Menschen, die Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz erhalten, können für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes von der Pflegekasse bekommen.
Die Zahlung eines Zuschusses bis zu 4.000,- Euro ist möglich, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht bzw. erleichtert wird oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird.
Der Zuschuss bezieht sich auf eine Baumaßnahme. Der gesamte Umbau der Wohnung z. B. Badumbau und Türverbreiterung, wird als eine Maßnahme betrachtet. Das Einkommen und Vermögen der Antragsteller ist für die Bewilligung ohne Belang.
Anspruch auf einen erneuten Zuschuss hat der Antragsteller erst dann, wenn sich seine Krankheit oder Behinderung so verschlechtert hat, dass eine erneute Baumaßnahme notwendig wird. Um diesen erneuten Anspruch geltend zu machen, muss allerdings ein gewisser, im Gesetz nicht näher definierter Zeitraum, vergehen.

Umbaufinanzierung durch das Grundsicherungs- und Sozialamt

Diese kann im Rahmen der Eingliederungshilfe möglich sein, wenn

  • alle anderen Kostenträger wie Pflegekasse, Berufsgenossenschaft usw. nicht in Frage kommen, und
  • eine Finanzierung aus eigenen Mitteln nicht möglich ist.

Es gelten allerdings Einkommens- und Vermögensgrenzen.

Finanzierung durch öffentliche Mittel

Auf Bundesebene gibt es über die KfW-Bankengruppe zwei Förderprogramme zur Beseitigung oder Reduzierung von Barrieren in der Wohnung. Gefördert werden insbesondere Mieter mit Zustimmung ihres Vermieters, private Eigentümer (Eigentümergemeinschaften), die ihr Eigentum selbst bewohnen oder vermieten bzw. eine neu altersgerecht umgebaute Wohnung bzw. ein entsprechendes Eigenheim kaufen. Auch Vermieter wie Genossenschaften, Unternehmen und Gemeinden können gefördert werden.
Das eine Förderprogramm gewährt einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 10 – 12,5 % der förderungsfähigen Umbaukosten, die maximal 50.000 € betragen können, mindestens 2.000 € betragen müssen. Mit dem zweiten Förderprogramm KfW-Bank zinsgünstige Kredite bis zu 50.000 € pro Wohnung, eine Kombination mit anderen Förderprogrammen (z. B. zur Energieeinsparung) ist teilweise möglich. Beantragt werden diese Kredite bei den Banken oder Sparkassen bzw. der eigenen Hausbank vor Ort, die Kreditvergabe erfolgt über die KfW-Bank (https://www.kfw.de/)

Finanzierung bei Wohnungswechsel/Umzug

Kostenträger einer finanziellen Unterstützung können sein: Eine Zuschusszahlung zu den Umzugskosten in eine der Behinderung entsprechende Wohnung und für noch erforderliche bauliche/technische Anpassungen in der Wohnung ist möglich, wenn bereits eine Pflegestufe feststeht oder der Antrag läuft. Zuschusshöhe insgesamt: 4.000,– Euro.

Grundsicherungs- und Sozialamt

Das Grundsicherungs- und Sozialamt kann die Umzugskosten ganz oder teilweise (als Zuschuss oder Darlehen) übernehmen, wenn:

  • der Umzug nicht aus dem Einkommen und Vermögen gezahlt werden kann
  • keine ausreichende Hilfe beim Umzug durch Familie, Freunde etc. möglich ist
  • alle anderen Kostenträger wie z. B. Pflegekasse, Versicherungen oder die Berufsgenossenschaft keine Zuschüsse zahlen kann beim zuständigen Grundsicherungs- und Sozialamt ein Antrag auf Umzugshilfe im Rahmen der ›Hilfe zum Lebensunterhalt‹ oder im Rahmen der ›Eingliederungshilfe für Behinderte‹ gestellt werden.
Antragsablehnung

Wenn Anträge abgelehnt werden, kann man Widerspruch einlegen. Auf dem Ablehnungsbescheid sollte eine Rechtsbehelfsbelehrung stehen: »Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch bei der im Briefkopf bezeichneten Dienststelle erhoben werden.« Um diese Frist zu wahren, kann der Widerspruch auch ohne Begründung eingereicht werden. Eine ausführliche Begründung kann später nachgereicht werden.

Wohngeld

Wird auf Antrag gezahlt, der bei der Wohngeldstelle des Wohnortes gestellt werden muss.

Wohngeld wird als Zuschuss gezahlt:

  • als Mietzuschuss für Mieter einer Wohnung oder eines Zimmers
  • als Lastenzuschuss für den Eigentümer eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung

Die Höhe des Wohngeldes hängt ab von:

  • der Zahl der zum Haushalt gehörenden Familienmitglieder
  • der Höhe des Familieneinkommens
  • der Höhe der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung
Infos

Barrierefrei Leben e. V.
www.barrierefrei-leben.de

Manfred-Sauer-Stiftung
der-querschnitt.de

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